KAPITAL
Seit 2012 beschäftige ich mich mit Unterbrechungen mit den Thema Kapital. In meiner künstlerischen Untersuchung geht es mir vor allem um die Fragen: Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Geld und dem menschlichen Körper? Wie sehr sind Geld und Kapital bereits in unsere Körper eingedrungen und welche Bezüge zwischen Geld, Sexualität und Denken sind herzustellen? Weiterführend: Was sind wir bereit, für Geld zu tun? Auch die Verhandlung historischer Verbindungen spielt eine Rolle.
Dabei sind Objekte - Figurenensemble, abgeschlagener Stierkopf, Korpus - ein Zyklus von großformatigen Zeichnungen (70x100cm) und die Idee zu einer Performance (Text "Der Preis des Begehrens" mit Wassersound ist vorhanden - ev. als Video weiterzuentwickeln) entstanden. Fotos davon liegen auf einer CD bei.
Darstellerische Verfahrensweise bei den Objekten: Die Oberflächen sind einheitlich aus Papierschnipsel gestaltet. Sie zeigen in winziger Darstellung Börsennotationen, die wie Wasserströme – unzählige Akteure scheinen beteiligt zu sein – über die Objekte hinabfließen. Aus der Wassermetaphorik ergeben sich Kapitalströme, Geldflut, der Kapitaleigner kann „liquide“ sein, Donald Duck beispielsweise „schwimmt“ im Geld; Geldbeträge fließen ab (= abgebucht), man hat Geldquellen. Dem Geld wird also eine „leibliche“ Sinnlichkeit zuerkannt.
Seit den neoliberalen Zeiten, der Finanzkrise und den Folgen ist klar, dass das Kapital menschliche Gesellschaften fest im Griff hat. Oskar Negt (Wirtschaftssoziologe) meint sogar kritisch, dass die Börsenberichte die wichtigsten Informationen des Tages seien.
Die Anfänge des Kapitals verweisen auf den Stierkult (Opferkult). Die Ursprünge des Geldes bei den Griechen – die ersten Münzzeichen zeigen Stierhörner - gehen auf den mit der Verehrung der Gottheit verbunden Opferkult (auf Stierköpfe) zurück. Das lateinische Wort „pecunia“ leitet sich von „pecus“ = Rind ab und „Obolus“ bedeutet „Bratenspieß“ (Opfer). Die griechischen Münzen entstanden als Symbole und Ersatz für das geopferte Tier und hatten keinen materiellen Wert (bei den Griechen waren Edelmetalle knapp). Der Opferkult bedeutet das Abtragen einer Schuld an die Gottheit – d. h. die Gottheit akzeptiert den Wert: Der Stier ist Substitutionsmittel, also Zahlungsmittel. Aus dem skizzierten Stierkopf wurde im griechischen Alphabet der Buchstabe: Alpha zu A abstrahiert und der Stier wurde als ein männliches Kultsymbol der Göttin Artemis überantwortet. Während des Ritus wurden der „vielbrüstigen“ (irriger Name) Artemis Stierhoden geopfert und der Umzug führt in den Tempel zu den Schädeln der geopferten Tiere – sind auf Pfählen befestigt. Der Konnex zwischen Geld, Vieh und sakralem Opferkult lebt im kulturellen Unbewussten weiter. Folgt man den kulturgeschichtlichen Thesen von Christina von Braun, dann hat das Geld eine gemeinschaftsstiftende Funktion, die allerdings Gerechtigkeit braucht. Wenn nämlich eine Gesellschaft diese Verbindung kappe, indem die Schere zwischen Arm und Reich sehr groß werde, dann verliere das Geld seine gesellschaftliche Aufgabe und die „Beglaubigung“ durch ein Äquivalent (= tatsächliche Werte) fehlt.
So ist heute dem Stier der Kopf abgeschlagen, aufgrund der aus dem Ruder gelaufenen Kapitalentwicklung wurde mit der gesellschaftlichen Übereinkunft, eine gerechte Gesellschaft zu ermöglichen, gebrochen. Diese Gedanken sind Voraussetzung für meine Arbeit.